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FEBRUAR 2002
Das ICANN Schiedsverfahren - effektive Hilfe bei internationalen Domainstreitigkeiten
Während innerhalb des Geltungsbereichs des deutschen Rechts Ansprüche auf Unterlassung von rechtswidriger Nutzung von Domainnamen effektiv gerichtlich durchgesetzt werden können, ist dies im Ausland, besonders außerhalb der Europäischen Union oder den Vereinigten Staaten mitunter mit erheblichen rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten verbunden. Das 1999 eingeführte ICANN-Schiedsverfahren kann hier eine sinnvolle Hilfe zur effektiven und schnellen Durchsetzung von Namensschutzrechten sein.

Mit dem Herkunftslandprinzip gilt für in Deutschland niedergelassene Anbieter deutsches Recht, auch wenn sie ihre Dienste im europäischen Ausland erbringen. Dies schafft Rechtssicherheit und erleichtert das Angebot ihrer Dienste im gesamten Binnenmarkt. Die Verbraucher können damit zukünftig sicher sein, im elektronischen wie im traditionellen Geschäftsverkehr die gleichen rechtlichen Standards vorzufinden.

Vor allem wenn ein deutsches Unternehmen ins Ausland expandieren möchte und sich für die neue ausländische Niederlassung "seine Domain" mit der entsprechenden Länderendung registrieren lassen möchte und dabei feststellt, dass die Domain schon "vorsorglich" von einem Domaingrabber belegt wurde, ist effektiver Rechtschutz meist problematisch. Selbst wenn es gelingt vor einem ausländischen Gericht einen vergleichsweise schwierigen markenrechtlichen Prozess zu gewinnen, kann es unter Umständen immer noch fraglich sein, ob der gewonnene Rechtstitel auch durchgesetzt werden kann.
Die UDPR-Richtlinie der ICANN
Die oberste internationale Internet-Verwaltungsbehörde ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) hat speziell für solche Fälle inzwischen ein eigenes Schiedsverfahren ins Leben gerufen. Dieses Schiedsverfahren ist in der Schlichtungsregel UDRP (Uniform Dispute Resolution Policy) und der RUDRP (Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, Verfahrensordnung für das Schlichtungsverfahren) geregelt und hat für den Antragsteller vor allem den Vorteil, dass in dem aus diesem Verfahren resultierenden Schiedspruch die nationale Vergabestelle direkt zur Löschung oder Übertragung der streitgegenständlichen Domain verpflichtet wird. Eine effektive Vollstreckung des Schiedspruchs ist damit gewährleistet. Allerdings kann vor dem Schiedsgericht kein Schadensersatz- oder Auskunftanspruch durchgesetzt werden. Dies ist alleine Sache der ordentlichen Gerichte des jeweiligen Landes.
Kosten für den Antragsteller
Der große Nachteil des ICANN-Schiedsverfahrens ist, dass der Antragsteller auf jeden Fall, also auch im Falle des Obsiegens die Verfahrenskosten zu tragen hat. Die Kosten des Verfahrens richten sich danach, welche Schiedstelle angerufen wird. Mit Kosten von 750 bis 2.000 Dollar muss aber auf jeden Fall gerechnet werden. Darüber hinaus können auch noch Anwaltskosten fällig werden, wenn sich der Antragsteller vor dem Schiedsgericht anwaltlich vertreten lassen möchte. IN der Regel dürften die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens aber immer noch günstiger sein, als die Rechtsverfolgung vor einem nationalen Gericht mit ungewissem Ausgang.
Die akkreditierten Schiedsgerichte
Als Schiedsrichter stehen verschiedene, nordamerikanische oder internationale Organisationen bereit, die sich bei der ICANN als Schiedstelle akkrediert haben. Die vier bekanntesten Schiedsgerichte sind das CPR Institute for Dispute Resolution (CPR) mit Sitz in New York, das Dispute.org/eResolution-Consortium (DeC) mit Sitz in Montreal, das National Arbitration Forum (NAF) mit Sitz in Minneapolis und das wohl bekannteste und aus deutscher Sicht interessanteste Schiedsgericht die WIPO (World International Property Organisation) in Genf. Das WIPO Schiedsgericht besteht aus 150 Schiedsrichtern aus aller Welt, darunter auch einige Deutsche.

Erste Untersuchungen aufgrund der ersten 2000 Entscheidungen haben ergeben, dass trotz der Anwendung einer einheitlichen Policy die Tendenz der verschiedenen Schiedsgerichte in der Auslegung sehr unterschiedlich zu sein scheint. Während das bei der WIPO angesiedelte "arbitration and mediation center" in fast 70 % der Fälle für den Antragsteller entschieden habe, liegen diese Raten bei einem anderen Schiedsgericht nur bei 44%. Dies hat die Präferenz der Antragssteller für dieses Schiedsgericht in den letzten beiden Jahren noch verstärkt.
Der Gang des Verfahrens
Das Verfahren wird vom Antragsteller mit dem Einreichen der Antragsschrift eingeleitet. Die Antragsschrift sollte bereits alle für die Entscheidung des Schiedsgerichts relevanten rechtlichen Gesichtspunkte enthalten. Eine mündliche Verhandlung oder der Austausch weiterer Schriftsätze ist nicht vorgesehen. Der Antragsgegner hat seinerseits die Möglichkeit innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen eine Verteidigungsschrift beim Schiedsgericht einzureichen. Er kann aber auch ein ordentliches Gericht anrufen. Wenn der Domaininhaber Klage vor einem ordentlichen Gericht erhebt, wird das Schiedsverfahren bis zur Entscheidung des nationalen Gerichts ausgesetzt. Ansonsten trifft das Schiedsgericht aufgrund der eingereichten Schriftsätze eine abschließende Entscheidung und weist im Falle des Obsiegens des Antragsstellers die nationale Registrierungsstelle an, die Domain zu löschen oder direkt an den rechtmäßigen Inhaber zu übertragen.
Die materiellen Voraussetzungen für den Anspruch
Voraussetzung für die Durchsetzung des Anspruchs nach der UDPR sind der Beweis, dass die angemeldete Domain mit einem Warenzeichen oder einer Dienstleistung identisch oder ihr zum Verwechseln ähnlich ist, dass der derzeitige Domaininhaber kein Recht oder ein berechtigtes Interesse an der Domain hat und dass der Domain-Name bösgläubig angemeldet wurde und genutzt wird. Im Falle des Domaingrabbings, vor allem wenn dem Antragsteller die Domain bereits vom bisherigen Domaininhaber zum Kauf angeboten wurde, dürfte dies in der Regel kein Problem sein.
 


Website des internationalen Schiedsgerichts WIPO.
Website der "Internet- Verwaltungsbehörde" ICANN





Die ICANN oder Internet Corporation for...
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Domain-Grabbing bezeichnet eine zweifelhafte Geschäftspraxis, bei...